AK Shalom Westsachsen

Der Arbeitskreis Shalom Westsachsen ist ein Zusammenschluss im Jugendverband Linksjugend ['solid] Westsachsen.
Er engagiert sich gegen Antisemitismus, Antizionismus, Islamismus, Antiamerikanismus und verkürzten Antikapitalismus.


Die Grundsatzerklärung des BAK Shalom:

"Die Ent­wick­lun­gen der letz­ten Jahre, be­son­ders nach den is­la­mis­ti­schen An­schlä­gen in New York City am 11. Sep­tem­ber 2001, haben die Vi­ru­lenz deut­lich wer­den las­sen, sich genau mit den The­men un­se­res Bun­des­ar­beits­krei­ses zu be­schäf­ti­gen. Ent­ge­gen ihrer Selbst­ein­schät­zung war die Linke nie ge­feit vor re­gres­si­vem Den­ken.

Ge­samt­ge­sell­schaft­lich gibt es einen er­schre­ckend hohen Pro­zent­satz an an­ti­se­mi­tisch ein­ge­stell­ten Per­so­nen aus allen po­li­ti­schen La­gern und in der Mitte der Ge­sell­schaft. Der An­ti­se­mi­tis­mus ist eine Ideo­lo­gie, die aus einer ka­pi­ta­lis­tisch struk­tu­rier­ten Ge­sell­schaft ent­steht. Er bie­tet eine ideo­lo­gi­sche Welt­er­klä­rung und er­füllt das Be­dürf­nis nach ein­fa­chen Ant­wor­ten. Die kom­ple­xen, abs­trak­ten ka­pi­ta­lis­ti­schen Ver­hält­nis­se wer­den per­so­ni­fi­ziert und die Juden als in­di­vi­du­ell Ver­ant­wort­li­che für die Ver­wer­fun­gen der Mo­der­ne aus­ge­macht.

Die Per­so­ni­fi­zie­rung zeigt sich bei­spiels­wei­se in den Kam­pa­gnen gegen so ge­nann­te „Heu­schre­cken.“ Nicht zu­letzt in der Lin­ken und im ge­werk­schaft­li­chen Spek­trum wird auf diese Weise gegen das Fi­nanz­ka­pi­tal ge­wet­tert. Dies ver­kennt die wi­der­sprüch­li­che To­ta­li­tät ka­pi­ta­lis­ti­scher Ver­ge­sell­schaf­tung und zer­reißt den Zu­sam­men­hang zwi­schen Pro­duk­ti­ons-​ und Zir­ku­la­ti­ons­sphä­re, was an die Tren­nung zwi­schen „raf­fen­dem“ und „schaf­fen­dem“ Ka­pi­tal er­in­nert, die von den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten vor­ge­nom­men wurde. Der­ar­ti­gen Ten­den­zen in­ner­halb der Lin­ken ist ent­schie­den ent­ge­gen zu tre­ten.

Heute ma­ni­fes­tiert sich der An­ti­se­mi­tis­mus meist nicht mehr in sei­ner klas­si­schen Ge­stalt. Die Er­mor­dung der eu­ro­päi­schen Juden hat zu einer Ver­schie­bung des an­ti­se­mi­ti­schen Res­sen­ti­ments ge­führt. Die neue Form des „se­kun­dä­ren An­ti­se­mi­tis­mus“ zeigt sich unter an­de­rem im An­ti­zio­nis­mus.

Is­ra­el fun­giert als der „Jude unter den Staa­ten“ (Léon Po­lia­kov). So haben in einer eu­ro­pa­wei­ten Un­ter­su­chung im Jahre 2003 59% der Be­frag­ten Is­ra­el als die größ­te Be­dro­hung für den Welt­frie­den be­zeich­net.

Es ist über­flüs­sig zu be­to­nen, dass es nicht darum geht, jede Kri­tik an Is­ra­el als an­ti­se­mi­tisch zu be­zeich­nen. Die­ser Vor­wurf ver­kennt, dass die Kri­tik an Is­ra­el ge­sell­schaft­lich sehr weit ver­brei­tet ist. Is­ra­el zu kri­ti­sie­ren war nie­mals ein Tabu, weder in der DDR noch in West­deutsch­land. Den­noch wird die For­de­rung, dies tun zu dür­fen immer wie­der als Ta­bu­bruch in­sze­niert und häu­fig ist die Is­rael­kri­tik an­ti­se­mi­tisch mo­ti­viert, wie z.B. die Skan­da­le um Möl­le­mann und Hoh­mann zei­gen.

Is­ra­el ist auch die Staat ge­wor­de­ne Kon­se­quenz aus Ausch­witz und den an­de­ren Ver­nich­tungs­la­gern der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten. Der ge­sell­schaft­li­che Um­schlag in die Bar­ba­rei macht einen jü­di­schen Staat als Boll­werk gegen an­ti­se­mi­ti­sche Ver­fol­gung zu einer Not­wen­dig­keit. Des­halb sind wir so­li­da­risch mit Is­ra­el, was auch eine So­li­da­ri­tät mit Ver­tei­di­gungs­maß­nah­men aller Art ein­schließt.
Die deut­sche Linke wird den Nah­ost­kon­flikt nicht lösen. Des­halb geht es uns nicht um kon­kre­te Vor­schlä­ge für ein Vor­an­kom­men des Frie­dens­pro­zes­ses.

Na­tür­lich ist das lang­fris­ti­ge Ziel ein Frie­den, der für beide Sei­ten ak­zep­ta­bel ist. Wir ma­chen je­doch nicht Is­ra­el für ein Sto­cken des Frie­dens­pro­zes­ses ver­ant­wort­lich. So lange die pa­läs­ti­nen­si­sche Re­gie­rung von einer Or­ga­ni­sa­ti­on ge­stellt wird, deren Ideo­lo­gie an­ti­se­mi­tisch ist und die die Zer­stö­rung Is­raels pro­pa­giert, kann es kei­nen Fort­schritt geben. Die Char­ta der Hamas ist offen an­ti­se­mi­tisch und die Spra­che ist die eines eli­mi­na­to­ri­schen Ju­den­has­ses. Der­ar­ti­ge Or­ga­ni­sa­tio­nen dür­fen kei­nen po­si­ti­ven Be­zugs­punkt für pro­gres­si­ve Po­si­tio­nen sein.

Des­halb ver­ur­tei­len wir aufs Schärfs­te die Ver­su­che von ei­ni­gen Ab­ge­ord­ne­ten und Funk­tio­nä­ren der Par­tei DIE LINKE., die Hamas als Ge­sprächs­part­ner ein­zu­la­den. Zu kri­ti­sie­ren ist die Igno­ranz ge­gen­über der re­ak­tio­nä­ren Ideo­lo­gie der Hamas und wei­te­rer Or­ga­ni­sa­tio­nen wie etwa der His­bol­lah.

Eben­so ver­ur­tei­len wir das Schwei­gen eines gro­ßen Tei­les der Lin­ken zur Be­dro­hung Is­raels durch den Iran. Der ira­ni­sche Prä­si­dent ist ein An­ti­se­mit, der Is­ra­el zer­stö­ren möch­te. In sei­nem Auf­trag wer­den Kon­fe­ren­zen mit Ho­lo­caust­leug­nern in Te­he­ran durch­ge­führt. Schwu­le und Les­ben un­ter­lie­gen dem Ter­ror der is­la­mi­schen Sit­ten­po­li­zei und wer­den für ihre Le­bens­wei­se ge­hängt oder ge­stei­nigt.


Ge­ra­de im In­ter­es­se der Men­schen im Nahen Osten tre­ten wir für eine grund­le­gen­de Ver­än­de­rung der Ver­hält­nis­se in die­sen Ge­sell­schaf­ten ein. Zu einer De­mo­kra­ti­sie­rung und Li­be­ra­li­sie­rung gibt es keine Al­ter­na­ti­ve. Auf­ga­be der Lin­ken ist die Un­ter­stüt­zung eman­zi­pa­to­ri­scher Be­we­gun­gen wie der Frau­en-​ und der Stu­die­ren­den­be­we­gung in den ara­bi­schen und is­la­mi­schen Län­dern.

Dass Linke häu­fig re­ak­tio­nä­re Re­gime ver­tei­di­gen statt diese zu kri­ti­sie­ren, re­sul­tiert aus einem ob­so­le­ten An­ti­im­pe­ria­lis­mus, der durch ein ma­nich­äi­sches Den­ken ge­kenn­zeich­net ist. Eine kom­pro­miss­lo­se Ab­sa­ge an den An­ti­im­pe­ria­lis­mus ist die Vor­aus­set­zung für die Neu­kon­sti­tu­ie­rung einer eman­zi­pa­to­ri­schen Ge­sell­schafts­kri­tik.

Das Kern­stück des An­ti­im­pe­ria­lis­mus ist der Hass auf die Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka, auf die alle Übel der Welt pro­ji­ziert wer­den. Im schlimms­ten Fall wird die ver­meint­li­che jü­di­sche Do­mi­nanz an­ge­pran­gert. Dies ist die of­fe­ne Flan­ke hin zum An­ti­se­mi­tis­mus.

His­to­risch be­trach­tet war der An­ti­ame­ri­ka­nis­mus immer im kon­ser­va­ti­ven Spek­trum bzw. bei der ex­tre­men Rech­ten zu ver­or­ten. Die Linke hatte ent­we­der eine po­si­ti­ve Hal­tung zu Ame­ri­ka (1848er Re­vo­lu­tio­nä­re) oder zu­min­dest eine am­bi­va­len­te Po­si­ti­on. Dies ver­än­der­te sich im 20. Jahr­hun­dert vor allem durch den Be­ginn des Kal­ten Krie­ges. Diese Kon­stel­la­ti­on ist durch den Zu­sam­men­bruch der So­wjet­uni­on be­en­det wor­den. Die Mehr­heit der heu­ti­gen Fein­de Ame­ri­kas sind keine na­tio­na­len Be­frei­ungs­be­we­gun­gen mehr, die fort­schritt­li­che Ziele ver­fol­gen, son­dern an­ti­mo­der­ne, frau­en­feind­li­che, an­ti­se­mi­ti­sche Be­we­gun­gen des po­li­ti­schen Islam.

In­so­fern ist es nur kon­se­quent, dass deut­sche Nazis die An­schlä­ge am 11. Sep­tem­ber in New York City be­ju­belt haben. Eben­so wenig er­staunt ihr Hass auf Is­ra­el und ihre So­li­da­ri­täts­auf­ru­fe mit den Pa­läs­ti­nen­sern. Dass das Pa­li-​Tuch heute eher auf Nazi- als auf An­ti­fa-​De­mos zu sehen ist, ist kei­nes­wegs eine Über­nah­me „lin­ker“ Sym­bo­lik, son­dern ideo­lo­gisch ko­hä­rent. Die na­zis­ti­sche Hetze gegen den li­be­ra­len Ka­pi­ta­lis­mus, das Fi­nanz­ka­pi­tal und die Glo­ba­li­sie­rung ist eben­so fol­ge­rich­tig.

Es muss klar sein, dass nicht jede Kri­tik an der bür­ger­li­chern Ge­sell­schaft fort­schritt­lich ist. Na­tio­na­lis­ti­sche und ras­sis­ti­sche Po­si­tio­nen sind kon­se­quent zu­rück­zu­wei­sen und alle Quer­front­ten­den­zen in­ner­halb der Lin­ken zu be­kämp­fen.

Eine eman­zi­pa­to­ri­sche Po­si­ti­on darf weder eine Apo­lo­gie der bür­ger­li­chen Ge­sell­schaft be­trei­ben noch deren abs­trak­te Ne­ga­ti­on for­dern. Ein­ge­denk der ihr in­ne­woh­nen­den Dia­lek­tik geht es um die Be­wah­rung der Er­run­gen­schaf­ten der bür­ger­li­chen Ge­sell­schaft wie z.B. der in­di­vi­du­el­len Frei­heits­rech­te, die not­wen­di­ger­wei­se die Basis für ihre fort­schritt­li­che Auf­he­bung dar­stel­len.

Eine grund­le­gen­de Dis­kus­si­on über die Aus­rich­tung fort­schritt­li­cher Ge­sell­schafts­kri­tik und eine scho­nungs­lo­se Kri­tik von An­ti­se­mi­tis­mus, An­ti­zio­nis­mus, An­ti­ame­ri­ka­nis­mus und re­gres­si­vem An­ti­ka­pi­ta­lis­mus in­ner­halb wie au­ßer­halb der Par­tei DIE LINKE. ist die Auf­ga­be des BAK Shalom.

Die Grün­dung einer Platt­form gegen An­ti­se­mi­tis­mus, An­ti­zio­nis­mus, An­ti­ame­ri­ka­nis­mus und re­gres­si­ven An­ti­ka­pi­ta­lis­mus in­ner­halb des Ju­gend­ver­ban­des Links­ju­gend [’solid] ist seit lan­gem über­fäl­lig. Die Linke in Deutsch­land hat diese The­men nie als zen­tra­len Be­stand­teil ihrer Ge­sell­schafts­kri­tik ge­se­hen."

Siehe auch: